Körperliche Herausfoderung

Bericht des Directeur sportif

Ein Wort (darfs ein Bisschen mehr sein) zum Wetter

 

10:20 Uhr Ortszeit: Es regnet in Glarus. Ein leichtes Rieseln aus grauverhangenem Himmel. In Mitlödi regnet es stärker. Auf dem Urnerboden hagelts. Kleine Körner prasseln auf den Asphalt. Immer noch aus demselben grauschwarzen Himmel.

 

Der Klausenpass: Es schüttet wie aus Kübeln. Windböen peitschen den Regen waagrecht gegen die Felsen. Nebel kommt auf. Sicht: Keine 20 Meter! Richtung Uri fallen Schneeflocken. Oh du fröhliche! Altdorf ist direkt friedlich – nur leichter Regen. Immerhin! In Wassen kübelt es wieder aus dem dunklen Himmel. Echtes Teufelsbrücke-Wetter. Regen einmal anders – vertikal. Andermatt macht die Sache auch nicht besser. Beständiger Regen. Immerhin: die Urner lassen sich nicht lumpen. Auf dem letzten 100 Metern zeigt sich schemenhaft die Sonne. Soviel zum Wetter – Ende der Durchsage.

 

Worte zum Fahrer

 

Der Tapir – gemeint ist mein einziger Sieg-Fahrer André Maerz – (jetzt und für alle folgenden Berichte und Glossen) knotet sich sein buntes Tuch über die hohe Stirne. Genau in der Mitte zwischen Helm und Hermann-Hesse-Brille. Der gewaltige Schnauz hängt – bereits etwas gesträubt – unter der Nase. Ein echter Seeräuber würde jedermann denken, und keine Sekunden vermuten, dass dieser Mann den Klausen in Angriff nehmen will. Ein kurzes Winken, mehr drohende Gebärde gegen den Himmel als ein Abschiedsgruss – und ab geht die Post.

 

Auf dem Klausen sieht die Sache schon ein wenig anders aus. Tenuewechsel. Tapir ist eine einzige wandelnde Eissäule. Mit vereinten Kräften helfen Sibyl und ich dem Mann beim Striptease. Hände und Füsse sind starr und blau vor Kälte. Sein Atem geht stossweise. Nur die Augen und der Schnauz leben. Die einen flackern gefährlich und der andere (der Schnauz) hängt erbärmlich nass fast bis zum Hals. Wortkarg kaut der Tapir an einem Vitaminstengel und betrachte das brutale Wetter mit totaler Verachtung.

 

Die Abfahrt: Ein einziges Drama. Stillstandversuch am Berg. Sicht gleich null. Tapirs Brille versagt ihren Dienst. Die Hände können (trotz Spezial-Winterhandschuhen) die Bremsen kaum mehr greifen. Der Asphalt ist höllisch. Quasi eine Rutschbahn. Altdorf – das Wetter wird eine Oktave besser. Dafür verfahre ich mich. Völlig falsche Richtung. Brunnen statt Richtung Wassen. Das macht die ganze Sache auch nicht besser. Dafür die Wahnsinns-Wetterfahrt um 11 Kilometer länger. André nimmt’s gelassen. Er ist längst jenseits von einem Wutausbruch.

 

Die Teufelsbrücke: Tapir stampft wie eine ausserirdische Maschine Richtung Andermatt. Tritt um Tritt. Die Schmerzgrenze in den Oberschenkeln, im Nacken, im Rücken, in den Armen ist längst überschritten. Die Hände sind nur noch visuell da. Irgend etwas hält den Lenker.

 

Etappenziel, Hotel Drei Könige Andermatt. Der Sieg-Fahrer steigt von seinem geliebten Villiger (Ausrüstung). Breitbeinig stelzt er Richtung Zimmer 118. Sibyl wartet mit dem Badetuch. Ich hänge seine Rennmaschine im Veloraum in den Rechen. Meine einzige körperliche Betätigung an diesem Tag. Trotzdem reicht’s mir.